Was wir vorab wissen sollten: Die Scheinträchtigkeit ist keine Krankheit, sondern ein vollkommen natürlicher Prozess bei unkastrierten Hündinnen.
Um diesen Prozess verstehen zu können, müssen wir uns zumindest kurz mit dem Sexualzyklus einer Hündin beschäftigen, der in vier Phasen unterteilt wird. Ein kompletter Sexualzyklus dauert durchschnittlich 6 bis 8 Monate. Die Läufigkeitsintervalle werden durch Faktoren wie Rasse und Größe der Hündin beeinflusst und können stark variieren. Es gibt Hündinnen, die zwei Mal jährlich und andere, die nur einmal im Jahr läufig werden. Kleinere Rassen haben oft kürzere Intervalle.
Auch wenn sich die Zeiträume bei Hunden sehr unterscheiden können, hat eine einzelne Hündin jedoch einen recht gleichmäßigen Läufigkeitsintervall.
Sexualzyklus der Hündin – Die vier Phasen
2. Proöstrus (7 bis 12 Tage)
In dieser Phase wird die Gebärmutterschleimhaut umgebaut. Die Vulva ist geschwollen. Es kommt zur typischen Blutung. Die Östrogenspiegel steigt nach und nach. 24 – 32 Stunden vor der Ovulation (Eisprung) kommt es zu einem plötzlichen Anstieg des Hormons Progesteron und einen Abfall des Östrogenspiegels.
3. Östrus (3 – 12 Tage)
Dies ist die Phase die allgemein als Standhitze oder „heiße Phase“ bekannt ist. Der Duldungsreflex setzt ein d. h. die Hündin zeigt Deckbereitschaft und ist befruchtungsfähig.
4. Metöstrus (9 bis 12 Wochen)
Hormonell gesehen ist demnach jede Hündin nach der Läufigkeit scheinträchtig, die nicht gedeckt wurde und nicht tragend ist. Es ist ein ganz natürlicher Vorgang. Lediglich die Ausprägung bzw. die Auffälligkeit der Anzeichen ist sehr unterschiedlich.
Wie verhält sich eine scheinträchtige Hündin?
Eine scheinträchtige Hündin kann sich aufgrund des gleichen Hormonspiegels wie eine trächtige Hündin verhalten. Sie sind oft träge, schlafen viel und zeigen größeren, manchmal aber auch weniger Appetit. Sie können außerdem deutlich kuschelbedürftiger sein als üblich oder sich anderweitig untypisch verhalten.
Ursprüngliche Rassen können anfangen Höhlen zu graben, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Zu Hause beschäftigen sie sich mit dem Nestbau. Spielsachen, Hausschuhe und alles was sich finden lässt, wird gesammelt, gehütet und dient als Welpenersatz. Auch ungewöhnlich aggressives Verhalten ist möglich, da die Ersatzwelpen aus Sicht der Hündin natürlich verteidigt werden müssen.
Das auffälligste körperliche Anzeichen einer Scheinschwangerschaft ist das Anschwellen der Zitzen und Milchbildung.
Warum werden Hündinnen scheinschwanger?
Mit der Scheinschwangerschaft hat sich die Natur etwas Sinnvolles gedacht. Das Phänomen kann bis zu den Vorfahren der Hunde zurückverfolgt werden. In einem Wolfsrudel bekommt nur die ranghöchste Wölfin Welpen. Andere Wölfinnen im Rudel, die nicht trächtig sind, unterstützen sie bei der Brutpflege der Welpen. Sie können Milch bilden und fungieren als Ammen für die Welpen der Leitwölfin. Dies geht sogar so weit, dass die Sexualzyklen sich zeitlich aneinander anpassen. Sie synchronisieren sich sozusagen, um genau dies gewährleisten zu können.
Auch heute noch lässt sich in der Mehrhundehaltung beobachten, dass Hündinnen, die gemeinsam in einem intakten Verband leben, ihre Sexualzyklen angleichen und im selben Zeitraum läufig werden.
Was tun bei Scheinschwangerschaft?
Du solltest Deine Hündin in ihrer Scheinschwangerschaft nicht zusätzlich bestätigen. Was am besten hilft, ist Ablenkung: Bewegung, frische Luft, Beschäftigung. Auch die „Ersatzwelpen“ sollten weggeräumt werden.
Bei Milchbildung sollte das Gesäuge weder von der Hündin beleckt noch von Dir gestreichelt oder ausmassiert werden, da dies die Milchproduktion zusätzlich ankurbelt.
Ist eine Scheinschwangerschaft gefährlich?
Wie anfangs erwähnt ist einer Scheinschwangerschaft in erster Linie natürlich und normal. In den meisten Fällen verschwinden die Symptome innerhalb von zwei bis drei Wochen im Laufe des normalen hormonellen Zyklus der Hündin von selbst.
Wenn die Symptome jedoch schwerwiegend sind und die Hündin darunter sehr leidet, sollte ein Tierarzt konsultiert werden. In solchen Fällen können beispielsweise sogenannte Prolaktin-Hemmer verschrieben werden, um die Symptome zu lindern oder den hormonellen Ausgleich zu unterstützen. Auch pflanzliche Mittel wie z. B. Mönchspfeffer können Deine Hündin helfen.
Kastration bei Scheinschwangerschaft – ja oder nein?
Aus gesundheitlichen Gründen und in schwerwiegenden Fällen kann eine Kastration in Erwägung gezogen werden. Dies ist jedoch eine Entscheidung, die immer individuell abgewogen und mit Fachleuten getroffen werden sollte. Da mit einer Kastration beträchtlich in der Hormonhaushaushalt eingegriffen wird und dies Einfluss auf Entwicklung als auch auf Verhalten nimmt, sollte eine Kastration keinesfalls vor der vollständigen Entwicklung der physischen als auch psychischen Reife vorgenommen werden.
Falls eine Kastration in Betracht kommen sollte, sollte diese unbedingt in der Phase der hormonellen Ruhe (Anöstrus) geschehen.